Santi Hans mit Mike Stoll

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Am 25. April 2023 führte Mike Stoll 13 Zunftbrüder und 5 Frauen auf einen, wie er es nannte, vergnüglichen Spaziergang, um zwischen Totentanz und St. Johanns-Tor auf allerlei Denkwürdiges und Hintergründiges aufmerksam zu machen.

Das St. Johanns-Tor wurde nach dem Erdbeben von 1356 neu erbaut; in dieser Vorstadt waren die feuergefährlichen Berufe wie Bäcker und Schmiede zuhause, welche in der Stadt nicht geduldet wurden. Hier kam aus dem Elsass als westlicher Kornkammer Allerlei in die Stadt hinein; auch gab es einen regen Handelsverkehr, da damals die einzige Rheinbrücke auf der Nord-Süd-Achse in Basel bestand; dank erhobenen Zollgebühren wurde Basel zu einer reichen Stadt.

 

Wieso überhaupt St. Johanns-Tor? Hier war früher Johannitergebiet; der 1099 gegründete Johanniterorden hatte hier in der Nähe, am heutigen Sitz von Herzog + de Meuron, ab 1206 seine Basler 'Kommende'.

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Basel hatte ab dem 15. Jh. 7 Stadttore und 42 Wehrtürme. Die Stadttore wurden durch die "Stänzler", die Stadtgarnison bzw. Basler Standeskompanie, bewacht. Viele Jahre nach der Trennung von Stadt und Land 1833 wurden Tore abgerissen und die Steine verkauft; nur 3 Tore sind geblieben. Vom St. Johanns-Tor führt eine 'Schanze' hin zum Thomasturm, der 1806 um rund die Hälfte verkürzt wurde; früher war er der erste von ausserhalb sichtbare Turm; die Zinnen sind übrigens erst 1888 angebracht worden; die damalige Statue erinnerte an Thomas Becket, Erzbischof von Canterbury. Hier findet übrigens immer am Barbaratag, 04. Dezember, das traditionelle Salutschiessen des Artillerievereins Basel-Stadt statt.

 

Ausserhalb des Tores entstand im 19. Jh. der erste Bahnhof der Schweiz, eigentlich ein französischer Bahnhof; die erste Strecke wurde 1844 von Strassburg nach Basel eröffnet; die Einfahrt erfolgte durch das Tor.

Die nächste Station war das 'Schällemätteli', das ehemalige Gefängnis (1864-1977) bzw. Untersuchungsgefängnis (1982-2004). Mike erklärte uns die Herkunft des Namens: die Gefangenen wurden auf den Feldern (Matten) beschäftigt und trugen kleine Glöckchen (Schellen) um den Hals, um sie bei allfälligen Fluchtversuchen zu verraten.

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Weiter ging es zum Haus St. Johanns-Vorstadt 72, wo Gustav IV., ehemaliger König von Schweden, 1818-1822 im Exil lebte; der streitsüchtige Mann wurde zu einem Basler Original, bevor er weiter nach St. Gallen zog.

 

Nach kurzem Halt vor der ursprünglich im heutigen 'Chateau Lapin' gegründeten ältesten Biscuit Manufaktur 1753, Jakob's Basler Leckerly, (Leckerly war dazumal übrigens ein Fastengebäck), liefen wir weiter zum "Inneres Klösterli", einem ehemaligen Antoniter-Hospiz; der Name basiert auf Antonius dem Grossen, Bischof von Alexandria.

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Der nächste Halt war gegenüber dem 'Haus zur Mägd', Sitz einer Vorstadtgesellschaft. Hier erfuhren wir von Mike, dass die Vorstadtgesellschaften als Aufgaben den Polizeidienst, den Schutz der Stadtmauern sowie die Kontrolle des Trinkwassers hatten; da die Vorstädte im Gegensatz zur Altstadt grössere Mauerabschnitte betreuen mussten, war mehr Personal notwendig; einberufen wurden junge Männer ohne Geld und Beruf, welche in den Vorstädten bleiben mussten, da sie nicht in die Stadt eingelassen wurden. Ganz in der Nähe steht der 'Faule Magd-Brunnen', welcher aber als Brunnenfigur laut Mike eher eine Hübschlerin (alter Begriff für eine Prostituierte) zeigt!

Der nahegelegene 'Ackermannshof' beinhaltet die älteste noch existierende Druckerei der Welt und ist heute Sitz des Schwabeverlags. Die Qualität des damaligen Papiers war besser als bei Gutenberg, weshalb viele alte Drucke hier entstanden. Ganz in der Nähe weist eine Tafel auf Hans Holbein d.J. hin, welcher Hofmaler am engl. Königshaus war. Noch etwas weiter steht der 'Erlacherhof', wo Joh. Wolfgang von Goethe ein paar Mal als Gast verweilte.

Der letzte Halt war vor dem Gebäude am Totentanz 2, wo Joh. Peter Hebel am 10.05.1760 geboren wurde; der alemannische Dichter war aber Bürger von Hausen im Schwarzwald.

Vielen Dank an Paul und Werner für die Organisation sowie Mike für die wie immer sehr interessante Führung, die vielen von uns Unbekanntes vor Augen geführt haben dürfte.

(Fotos: Felix Meyer, Text: Erwin Theiler)

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